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Anlässlich eines Fussballcamps diesen Sommer unter der Leitung von Ramona Bachmann (RB) und Sandra Betschart (SB) führte unser talentierter Nachwuchsreporter und D-Junior Lian Wallimann (LW, 11) ein Interview mit den bekannten Internationalen des Schweizer Frauenfussballs.

Das «Who is Who» des Schweizer Frauenfussballs

Ramona Bachmann spielt aktuell bei Paris Saint-Germain und gewann bisher in vier Ländern zehn Meistertitel. In vier Ländern wurde sie sechsmal Cupsiegerin. Dreimal war sie Schweizer Fussballerin des Jahres. Sandra Betschart wurde dreimal Schweizer Meisterin. Sie spielte in Deutschland und Schweden. Zusammen bringen sie es bis heute auf 182 Länderspiele und vertraten die Schweiz sowohl an EM- wie auch WM-Endrunden. Die Juniorenzeit verbrachte Sandra Betschart bis zum 15. Altersjahr im Chamer Eizmoos, ehe sie 2004 zum DFC Malters wechselte.

LW:
Wie seid ihr eigentlich zum Fussball gekommen?
SB: Ich habe zwei Brüder, einen älteren und einen jüngeren. Zusammen spielten wir immer draussen im Quartier Fussball. Meine Mutter dachte immer, das Mädchen höre dann schon irgendwann mal auf. Aber dem war nicht so. Du weisst selbst, wie das ist. Es macht einfach Spass und mich hat’s gepackt.
RB:
Bei mir war es so: Mein Papi spielte schon immer Fussball und anscheinend hatte ich von klein auf stets gerne einen Ball am Fuss. Dann ging ich in den FC und es machte mir mega Spass.

LW:
In welchem Alter habt ihr angefangen, Fussball zu spielen?
SB:

Im Club so mit sechs Jahren.
RB:
Ich begann bereits mit fünf. Ich war ein Jahr jünger als alle anderen. Damals hiess diese Gruppe «Kickers». Wir spielten noch keine Matches, sondern durften nur trainieren. Heute nennt man es Fussballschule.

LW:
Musstet ihr in der Jugend auf vieles verzichten?
RB:

Bei mir war der Fussball kein Müssen. Ich ging nie so gerne in den Ausgang und vermisste es somit nicht. Als ich dann schon früh ins Ausland zog, musste ich akzeptieren, meine Familie und meine Freunde nicht so oft sehen zu können.
SB:
Weisst du, der Fussball gibt einem so viel. Du lernst viele neue Menschen kennen. Es war also nie ein Problem für mich. Ich ging erst mit 22 Jahren ins Ausland und konnte deshalb vieles tun, was auch andere Jugendliche in der Schweiz machten. Ich hatte die Möglichkeit, meine Kollegen und Freunde genügend zu treffen. Das kann bei dir, Ramona, aufgrund deines frühen Weggangs etwas anders gewesen sein.
RB:
Ja, das ist tatsächlich so, da ich schon früh ins Ausland zog. Aber auch da lernst du viele interessante Menschen kennen und du gewinnst dabei neue Freunde.

LW:
Hat sich der Damenfussball im Laufe der Jahre positiv entwickelt?
RB:

Ja, extrem! Er hat sich enorm weiterentwickelt. Mittlerweile investieren die grossen Vereine wie Chelsea oder PSG, die früher hauptsächlich im Männerfussball erfolgreich und berühmt waren, bewusst in den Frauenfussball. So entstehen verschiedene dominante Mannschaften mit dem Ziel, pro Land nicht nur drei bis vier prominente Spitzenmannschaften zu haben. Es sollen sich alle gut entwickeln und mit der Zeit dieses internationale Niveau erreichen können.
SB:
In der Schweiz ist es so: Viele wissen gar nicht, dass Frauenfussball die Teamsportart mit den meisten lizenzierten Sportlerinnen ist. Frauenfussball ist eigentlich gross, aber erfolgsmässig noch nicht so gross, wie wir uns das wünschen. Im Moment fehlt noch die Breite. Wie du aber siehst, nehmen zu 50% Jungs und 50% Mädchen an unserem Fussballcamp teil. Das finden wir super. Genau das streben wir an. Natürlich wollen wir Mädchen fördern, geben aber allen die Chance, sich weiter zu entwickeln. Sonst wärst du ja nicht mit dabei.

LW:
Habt ihr Idole?
RB:

Bei mir ist es Lionel Messi. Ebenfalls sehr gut gefallen mir Eden Hazard und Neymar.
SB:
Früher war mein Idol die Amerikanerin Mia Hamm, schon vor über 20 Jahren ein Star im Frauenfussball. Nun, da ich nicht mehr aktiv bin, habe ich kein eigentliches Vorbild.

LW:
Habt oder hattet ihr ein Ritual vor dem Spiel?

SB:
Ich hatte nie ein Ritual. Ich war immer locker drauf und sang in der Kabine. Alle lachten darüber. Ich tänzelte dabei rum und machte blöde Witze, damit das Ganze nicht zu «stier» war.
RB:
Ich habe doch einige Rituale. Ich esse vor Spielen immer Pasta. Auch schon am Tag davor. Bei Heimspielen koche ich sie mir selbst. Sogar unterwegs gibt es Pasta, denn die Kohlenhydrate geben mir viel Energie. Weiter schaue ich mir vor Spielen Fussballvideos von Spielern an, die mich faszinieren. Das schenkt mir Inspiration. Zudem bin ich ziemlich gläubig. So glaube ich an Schutzengel und bete vor einem Spiel. Ich danke dafür, dass ich zum Einsatz kommen darf. Nach Spielschluss bedanke ich mich, dass ich verletzungsfrei und gesund blieb.

LW:
Wie ist es, Ramona, aufgrund von Corona fast keine Zuschauer zu haben? Ist es anders?                 RB:

Ja, es ist schon ein Unterschied und macht einiges aus. Zwar spielen wir in der Regel nicht vor 60'000 Zuschauern, das ist eher die Ausnahme, aber man realisiert es schon. Du hörst jedes einzelne Wort. Wenn dann aber 5’000 oder 6’000 Zuschauer da sind, ist das eine ganz andere Stimmung. Es sind Emotionen im Spiel. Die Fans reagieren auf einen Torerfolg, einen Schuss oder einen gelungenen Trick, und das motiviert natürlich. Das haben wir zurzeit nicht, aber es ist ja für alle dasselbe.

LW:
Was war der bisher grösste Erfolg für euch?
SB:
Bei mir waren es die drei SM-Titel und der Cupsieg. Dann meine Karriere im Ausland und die Fussball WM, für die wir uns zum ersten Mal für die Endrunde qualifizieren konnten. Das war ein mega Erfolg für das Team und die ganze Schweiz.
RB:
Das ist eine sehr schwere Frage. Alle Erfolge waren speziell und wichtig. Für mich persönlich war es sicherlich die Wahl zur besten Spielerin in Schweden. Damals spielte Marta ebenfalls in Schweden und gewann im selben Jahr den Titel als Weltfussballerin. Und mit der Mannschaft war es der Titel mit PSG, welcher historisch für den Verein war. Dann der FA-Cup in England mit Chelsea im Wembley, bei dem ich zwei Tore erzielte, und das vor den Augen meiner Familie. Und dann waren da noch die Titel in Deutschland und Schweden. Sie waren auch sehr speziell.

LW:
Und wie siehst du deine weitere Karriere?

RB:
Vorerst natürlich bei PSG, wo ich noch bis nächsten Sommer einen Vertrag besitze. Ich möchte gerne noch sechs Jahre Fussball spielen, vorausgesetzt mein Körper lässt dies zu. Mir gefällt es bei PSG und ich kann mir gut vorstellen, nach diesem Jahr nochmals zu unterschreiben.

LW:
Was macht ihr in eurer Freizeit? (Beide lachen.)
RB:

Ich besitze einen Hund und gehe viel mit ihm spazieren. Dann treffe ich gerne Kolleginnen und gehe einen Kaffee trinken. Weiter mag ich es, mir Filme im Kino oder zu Hause anzusehen. Und wenn ich mal Ferien habe, was nicht so viel vorkommt, dann reise ich gerne.
SB:
Ich studiere im Moment und arbeite zusätzlich in einem 50%-Pensum. Ausserdem trainiere ich die U16 von YB. Deshalb bleibt mir nicht allzu viel Freizeit. Aber jetzt im Sommer bin ich unterrichtsfrei und geniesse es, wieder einmal ein gutes Buch zu lesen, einen Film zu schauen oder einfach mal Zeit für mich zu haben. Ich schaue eigentlich kaum TV, weil mir sonst die Zeit dazu fehlt. Wenn sich die Gelegenheit bietet, reise ich gerne. Und häkeln mag ich auch. Die Leute lachen darüber, aber ich liebe es und kann es recht gut. Dabei kann ich mich so richtig entspannen. Es hat etwas Meditatives. Ich bin in dem Alter, wo viele meiner Kolleginnen schwanger sind und Babys bekommen. Und für die häkle ich viele Tierchen. Ich tue es nicht oft, aber wenn ich dazu komme, macht es mir Spass.

LW:
Ich bedanke mich vielmals für das Interview. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Und hättet ihr vielleicht noch eine Antwort auf eine Frage, die ich noch nicht gestellt habe und die noch spannend sein könnte?
RB:

Zuerst einmal: Deine Fragen waren richtig gut. Du bist schon besser als einige professionelle Journalisten. Du hast dich sehr gut vorbereitet.
SB:
Sammle doch all deine bereits vorhandenen Fragen in einem Ordner, dann kannst du sie später einfach wiederverwenden. So musst du nicht jedes Mal von neuem überlegen, denn meistens ähneln sie sich ja. Weitere Bemerkungen haben wir keine. Wenn dir aber noch etwas einfällt, können wir morgen gerne darüber reden.